Verena Mitterrutzner hat im Auftrag des bischöflichen Ordinariates und des Südtiroler Landesarchivs alte Schriften neu geordnet und archiviert.
Pfarrer Walter Innerbichler ließ 1990 im Pfarrhaus einen Archivraum einrichten. Auf den Regalen wurden die Bibliothek von Pfarrer Anton Kuen (1780 – 1811), alte Bücher, Schriften und die Bände der Pfarrchronik eingeordnet. Jedoch die wertvollen Dokumente und mehrere alte Kirchenbücher wurden dann als nur ungeordnet in die neuen Schränke gelegt. Es war daher eine mühevolle Arbeit, die Frau Verena Mitterrutzner in den Monaten November und Dezember in Lüsen zu ordnen und zu dokumentieren übernommen hatte.Lüsen, in alten Urkunden Lusina genannt, zählt zu den ältesten Pfarreien der Diözese. Das Tal war seit 893 im Besitz der Bischöfe von Säben und bildete über Jahrhunderte einen wichtigen Übergang in den Raum Bruneck und ins Gadertal. 995 weilte Bischof Albuin von Brixen in Lüsen, 1147 wird Henricus als Pfarrer von Lüsen dokumentiert. Wie die Historikerin Verena Mitterrutzner bei ihrer Arbeit feststellen konnte, besitzt Lüsen nach Brixen das größte Pfarrarchiv des Dekanates.
Nun befinden sich nicht weniger als 112 Urkunden in säurefreien Stülpschachteln, die übersichtlich beschriftet sind. Die älteste Urkunde (1391) belegt die Stiftung des ewigen Lichtes für die St. Georgs Kirche.
Im Teil zwei des von der Historikerin gefertigten Inventarverzeichnisses sind die Kirchenbücher aufgelistet beginnend mit dem Taufbuch 1579 – 1644. Die Tauf-, Firmungs- (ab 1770), Trauungs- (ab 1639) und Sterbebücher (ab 1806) werden wie bisher im Büro des Pfarrers aufbewahrt. Auszüge vom Taufbuch darf nur der Pfarrer oder eine dazu bevollmächtigte Person ausstellen. Für die neuerdings modern gewordene Ahnenforschung aufschlussreich sind die sechs Familienbücher, wo ab 1750 alle in Lüsen ansässigen Familien eingetragen sind. Die Einsicht in die Pfarrbücher ist nicht jedermann erlaubt, denn der Datenschutz sieht dafür eine Sperrfrist von 70 Jahren vor. Es wird jedoch eigens darauf hingewiesen, dass Stammbaumforscher sich für ihre Arbeit an das Landesarchiv in Bozen wenden können, wo sämtliche Pfarrbücher vor 1923 in fotografischer Dokumentation archiviert sind.Ehesachen (gesammelt ab 1732) bzw. Eheakten werden 100 Jahre unter Verschluss gehalten. Diese Dokumentensammlung enthält Taufzeugnisse, Verkündigungsscheine, Eheaufgebote, Dispense, Volljährigkeitserklärungen, Ehebewilligungen, Trauungsanzeigen und Scheidungen.
Unter diesen Dokumenten befinden sich auch Listen der Dienstboten, Soldaten, der Personen mit Namensänderung zur Faschistenzeit, der Optanten von 1939, der Volkszählung und Beerdigungsbewilligungen (ab 1744).
Die Regelung der Kirchendienste der Mesner, Organisten und Grabmacher ist unter Teil sieben zu finden. Im Teil acht sind die Bruderschaften, Bündnisse und kath. Vereine angeführt. Wer von den Filialkirchen und Kapellen mehr wissen möchte, findet dies im Teil neun des Verzeichnisses. Eine Pfarrschule gab es schon 1598. Unter dem berühmten Pfarrer Anton Kuen aus Längenfeld im Ötztal wurden die Schulverhältnisse wesentlich verbessert, ein Schul- und Armenfond eingeführt. Im Teil zwölf wird das „Gerichtsconfinbüechl“ – Lüsen war von 1313 bis 1803 eigenes Gericht – angeführt.Auch Belege über Wasserrechte und Impfzeugnisse sind dort verzeichnet. Ferner wird von einem Spar- und Darlehenskassaverein berichtet, der von 1890 bis 1937 in Lüsen bestanden hat. Der letzte Teil der Rubrik zeigt die Waldrechte der Pfarrei und des Pfarrmesners auf, sowie das Fischrecht für den Tisch des Pfarrherrn.
(pd)